Fortgeschrittenen-Klasse 25/26
Dieser anspruchsvolle Kurs ist für Leute, die bereits schauspielerisches Vorwissen mitbringen, und es in einer neuen Etappe auf dem weiten Weg zur Meisterschaft deutlich, ambitioniert und reflektiert vertiefen wollen. Er ist ausdrücklich nicht für Leute geeignet, die nach schnellen Lösungen und Abkürzungen suchen. Das Curriculum ist eine Weiterentwicklung des Curriculums der Advanced Class 23/24, das Ziel ist künstlerische Mündigkeit.
Im Zentrum des Kurses steht Edward Gordon Craigs poetischer Entwurf der “Über-Marionette”, eines fiktiven idealen Schauspielers, der sich im künstlerischen Schaffen im Dienste am Gesamtkunstwerk nie mit den eigenen Unzulänglichkeiten selbst im Weg stünde. Gordon Craig brachte das auf eine einfache Fomel: “Die Übermarionette ist der Schauspieler plus Feuer minus Egoismus”. Im Kurs machen wir uns ganz vergnügt daran, dieses Ideal zu verfolgen, und begegnen so natürlich unweigerlich unseren eigenen, wesentlich lapidareren Bedingtheiten. Wir stellen individuelle Werkzeugkisten zusammen, mit denen wir, in Auseinandersetzung mit der Realität, dem was nun einmal ist, schöpferisch an dem bauen können, was sein könnte. Und auf dem Weg dorthin lernen wir sowohl die Welt als auch uns selbst als Teil der Welt so gut kennen, wie man nur Dinge kennen kann, an die man schon mal angestoßen ist. Wir entwickeln auf diese Art ein Bild von uns selber im Tun, mit dem sich etwas anfangen lässt. Und das Herrliche ist: Wir machen das alles nicht theoretisch, sondern es passiert unmittelbar im theatralen Schaffensprozess. Während wir unsere Szenen bauen, bauen wir unmerklich uns selbst als fähige Schauspieler, mit fähigem Wahrnehmen, Denken, Fühlen und künstlerischem Handeln und in fähiger künstlerischer Interaktion mit der Welt, der dramatischen Literatur, den Spielpartnern.
Der Kurs ist garantiert frei von schauspielerische Hohlphrasen wie “du warst nicht richtig drin” oder “du musst es mehr wollen”. Stattdessen gibt es funktionierendes modernstes Wissen, als Dialogunterricht, in fortlaufender Zwiesprache zwischen Lehrer und Schülern und in ständiger Überblendung von der Praxis zur Reflexion und zurück.
Der Kurs umfasst 100 Unterrichtsstunden. Dazu kommen mindestens 100 Stunden eigenständige Arbeitszeit für die Unterrichtsvorbereitung und das Bearbeiten von Aufgaben. Es wird auch gelesen: Dramatische Literatur aus dem klassischen Kanon von Sophokles bis Brecht, zentrale theoretische und theaterphilosophische Texte, sowie kleine Einführungstexte in die dem Schauspiel zugrundeliegenden wissenschaftlichen Felder (Verhaltensbiologie, Evolutionäre Psychologie, Neuro- und Kognitionswissenschaften, nichtspekulative Sozialwissenschaften).
Zum Ziele bestmöglicher individueller Förderung gibt es ein elastisches Curriculum, mit Mindestanforderungen, die alle erfüllen müssen, und darüber hinaus fordernden Aufgaben-Angeboten für alle, die mehr wollen. Im Interesse der Teilnehmer schließt der Kurs mit einem dreistufig benoteten Zertifikat, einer schwer erreichbaren Bestnote sowie der Möglichkeit, nicht abgeschlossen zu werden, ab. Am Ende des Kurses gibt es eine öffentliche Aufführung der erarbeiteten Szenen.
Teilnehmer können deutlich ermäßigt an der Donnerstag-Abend-Klasse und kostenlos am “Theater als Praktische Philosophie menschlichen Handelns” teilnehmen.
Die Entscheidung über die Kursteilnahme erfolgt in individueller Absprache.